Wattenbeks Bürgermeister
in vier politischen Systemen
1918 - 1945
II. In der "Weimarer Republik"
Über das Wirken von Wilhelm Stabe in der Zeit seit 1919 sind wir ebenfalls kaum informiert. Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Parlamentarisierung und die allgemeine Demokratisierung des politischen Systems auch in Wattenbek mit einigem Erfolg durchgeführt wurden: Die Gemeindevertretung bestand aus den bei den Kommunalwahlen gewählten Mandatsträgern und gliederte sich offensichtlich in zwei Fraktionen, die Sozialdemokraten (SPD) und die eher konservativ ausgerichteten "Bürgerlichen", deren Mitglied Wilhelm Stabe war. Er wurde als Bürgermeister im September 1919, im Juli 1924 und im Dezember 1929 wiedergewählt. |
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Bei den Wahlen zum Deutschen Reichstag im Jahre 1928 erhielt die SPD in Wattenbek 43,6% der Stimmen und lag damit über dem schleswig-holsteinischen Landesdurchschnitt (35,1%) und weit über dem Reichsdurchschnitt von 29,8%. Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) erhielt als zweitstärkste Partei in Wattenbek 38,7% der Stimmen. |
Dieses gute Ergebnis konnte die SPD bei den Kommunalwahlen offensichtlich nicht ganz wiederholen, denn in der Gemeindevertretung von 1929 saßen nur 4 Sozialdemokraten: Der Schriftsetzer Friedrich Dreseler, der Maurer Wilhelm Huß, der Tischler Johannes Tödter und als einzige Gemeindevertreterin Margarethe Siemen, eine Frau mit großem sozialen Engagement. Die Mehrheit besaßen die "Bürgerlichen" um Wilhelm Stabe, zu denen noch der Bauunternehmer Heinrich Heesch, die Landwirte Johannes Gabriel und Adolf Schroedter, der Pensionär Christian Schulz und der Malermeister August Bustorff gehörten. |
In den Gemeindevertretersitzungen hatten beide Fraktionen jahrelang heftig um den Beitritt Wattenbeks zum Schulzweckverband Bordesholm-Hoffeld gestritten. Die SPD befürwortete den Beitritt und damit die Einschulung der Wattenbeker Kinder in die Bordesholmer Schule, da das dortige "mehrklassige Schulsystem ein unabschätzbarer Gewinn" für die Schülerinnen und Schüler sei. Außerdem würde die Gemeinde jährlich 1000,- Mark sparen, da sie das marode alte Schulgebäude nicht mehr unterhalten müsste, und in Bordesholm könnte durch die Wattenbeker Kinder eine vakante Lehrerstelle gesichert werden. In dem Bericht der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung (SHVZ) vom 1.10.1931 über die von der Landesregierung geforderte endgültige Entscheidung Wattenbeks heißt es weiter: "Trotz aller gebotenen Vorteile versuchte auch jetzt noch wieder der Gemeindevertreter Schroedter (Bürg.) durch Aussetzung eines Beschlusses eine Verschleppung in der Schulfrage herbeizuführen." Der energische Protest der SPD-Fraktion gegen dieses Ansinnen und die objektiv vorhandenen Vorteile eines Beitritts zum Bordesholmer Schulverband bewirkten aber letztendlich, dass die Gemeindevertretung doch noch einstimmig für den Beitritt stimmte. |
Dieses mustergültige Beispiel für einen demokratischen Willensbildungsprozess sollte schon bald der Vergangenheit angehören, denn zum einen war im März des Jahres 1931 nach einem groß angelegten Werbeabend die Ortsgruppe Wattenbek der NSDAP gegründet worden. Zu ihr gehörten in der Anfangsphase 8 "Parteigenossen", bei denen es sich vielleicht schon damals um ehemalige Angehörige der "Bürgerlichen" gehandelt haben könnte. Auf der Gründungsveranstaltung hatte es nach Zeitungsberichten "einen sozialdemokratischen Gegenredner" gegeben, dessen Protest aber die Gründung der NSDAP-Ortsgruppe nicht verhindern konnte. |
Zum anderen nahmen die Wahlergebnisse der NSDAP vor Ort für alle Demokraten angsterregende Dimensionen an: Bei den beiden Reichstagswahlen im Jahre 1932 erreichte die NSDAP in Wattenbek mit 63,8% und 60% der Stimmberechtigten zwei Erfolge, die über dem schleswig-holsteinischen Landesdurchschnitt (51,1% bzw. 45,8%) und weit über dem Reichsdurchschnitt (37,4% bzw. 33,1%) lagen. Spätestens in dieser Zeit werden Wilhelm Stabe, Johannes Gabriel, August Gier, Wilhelm Hartz, Heinrich Heesch, Wilhelm Riepen, Christian Rixen, Adolf Schroedter und August Steen ihre Mitgliedschaft in der NSDAP beantragt haben, ansonsten hätten sie sich in der Folgezeit nicht als Bürgermeister und Gemeindevertreter in Wattenbek betätigen können. |