Kieler Nachrichten 21.12.06

Ausnahmeregelung könnte Bordesholmer Fusion retten 

Verwaltungsgemeinschaft wegen „Abweichlern“ in den großen Fraktionen vom Tisch 

Bordesholm – Die Gemeinde Bordesholm wird den Fusionsvertrag zum 1. Juli 2007 mit dem Amt Bordesholm-Land heute Abend, wie berichtet, nicht unterzeichnen. Nun geht es für beide Seiten darum, bis zum 31. Dezember eine Lösung zu finden, um einer durch das Innenministerium angeordneten „Zwangsehe“ zu entgehen.

Von Frank Scheer

Dabei könnten auch weitere Partner mit ins Boot kommen. Nur bei einem Vertrag vor Jahreswechsel zahlt das Land die Hochzeitsprämie von 250 000 Euro. Vorsorglich ist eine neuerliche Sondersitzung der Gemeindevertretung Bordesholms für den 28. Dezember angesetzt worden.

Bereits gestern Nachmittag suchten die Vertreter beider Seiten in der Lenkungsgruppe nach einer Problemlösung für die Besetzung des Amtausschusses. Knackpunkt: Nach einer Gesetzesänderung durch den Landtag am 13. Dezember haben sich die Mehrheitsverhältnisse zu Ungunsten der einwohnerstärkeren Gemeinde Bordesholm verändert. Nach Informationen unserer Zeitung ist als ein Vorschlag in der Lenkungsgruppe im Gespräch, die Stimmen paritätisch zu verteilen und sich das vom Innenministerium genehmigen zu lassen. Die Gemeindeordnung lässt offenbar Ausnahmen im Rahmen der „Experimentierklausel“ zu.

Zu Beginn der Gemeindevertretung am Dienstagabend bedauerte Amtsvorsteher Klaus Göttsche-Götze (CDU, Groß Buchwald), der wie viele andere Umlandbürgermeister als Gast gekommen war, die Gesetzesänderung. Er appellierte aber an die Bordesholmer, trotz der veränderten Mehrheiten bei der beschlossenen Lösung zu bleiben. „Einer Verwaltungsgemeinschaft werden wir nicht zustimmen.

Damit würde die Region in die Provinzialität zurückfallen.“ Auf eine Verwaltungsgemeinschaft, in der Bordesholm hauptamtlich verwaltet bleiben und die Geschäfte des Amts mit managen würde, hatten sich CDU und SPD im Vorwege verständigt. „Angesichts der neuen Mehrheiten finden wir uns in dem Amt nicht mehr wieder“, sagte Jörg-Roger Peters (CDU). Reinhard Koglin (SPD): „Wir hatten eine vernünftige Lösung, jetzt ist die wesentlichste Grundlage genommen. Wer die Musik bezahlt, sollte sie auch bestimmen können.“ Gerd Hauschild (CDU) sprach gar von einem „Verkauf Bordesholms“. Er wolle nicht pathetisch werden, so Jörg Niedersberg (CDU), aber Bordesholmer Bürger sprächen offen von Machtverlust. Es gebe so eine Art „gefühlte Demokratie“, die man ernst nehmen müsse. 

Es gibt aber auch „Abweichler“ in den großen Fraktionen, die pikanterweise Mitglied der Lenkungskruppe sind. Dieter Gläßel (SPD) machte deutlich, dass er einer Verwaltungsgemeinschaft nicht zustimmen werde. Sollte die beschlossen werden, würde er „personelle Konsequenzen ziehen“. Er teilte ferner mit, dass Helmut Tiede (CDU), der nicht an der Sitzung teilnahm, auch gegen eine Verwaltungsgemeinschaft sei. Nach seinem Wortbeitrag zogen CDU wie SPD das Vorhaben „Verwaltungsgemeinschaft“ zurück und sprachen sich nur für neue Verhandlungen aus. Der Verwaltungsexperte Willi Lüdemann (FDP) räumte zwar den Machtverlust im Amtsausschuss ein, schätzte aber die Konsequenzen als nicht so gravierend wie CDU und SPD ein. „Das Ganze wird hier falsch dargestellt. Es handelt sich um eine Zusammenlegung der Verwaltung, die Selbstverwaltung der Gemeinde bleibt unangetastet.“ Gerd Stock (Grüne) hat mit den veränderten Mehrheiten keine Probleme. „Ansonsten würde man ihnen unterstellen, sie seien böse Buben. Die ganze Aufregung mache nur Sinn, wenn man Angst hätte, den eigenen Kandidaten bei der Wahl des Amtsdirektors nicht durchbringen zu können.“ Das dementierten Vertreter von SPD und CDU postwendend.

Zu Beginn der Sitzung appellierte Amtsvorsteher Klaus Göttsche-Götze an die Bordesholmer Gemeindevertretung, bei dem beschlossenen Vertrag zu bleiben. Fotos fs


Dieter Gläßel (SPD) sprach sich gegen den Vorschlag seiner Fraktion aus.



Jörg Niedersberg (CDU) will, dass die „gefühlte Demokratie“ nicht abnimmt.