Kieler Nachrichten 18.12.06
Hartz IV: Gleichstellungsbeauftragte schlägt Alarm
Bordesholm – So richtig kann sich Sandra Johannsen nicht auf das bevor stehende Weihnachtsfest freuen. „Seit mir der Alleinerziehungszuschlag um 80 Prozent gekürzt wurde, bekomme ich Schweißausbrüche bei dem Gedanken an Weihnachten“, erzählt die junge Bordesholmerin. Viel problematischer als das zusätzliche Loch in der Haushaltskasse der allein erziehenden Mutter ist aber das Thema Kinderbetreuung. Die Bezieherin von Arbeitslosengeld (ALG) II hatte kürzlich den Zuschlag für eine Ausbildungsstelle erhalten, von den zuständigen Behörden in Rendsburg gab es allerdings keine Zuschüsse für eine notwendige Tagesmutter in den Abendstunden. „Einen zuständigen Sachbearbeiter gibt es nicht, oder die Arbeitsgemeinschaft verweist auf das angeblich zuständige Jugendamt. Da wird man richtig zermürbt, obwohl man arbeiten will“, klagt Sandra Johannsen – und ist damit nicht allein. So fühlen sich auch Katja Fock und Karola Glüsing in Sachen Kinderbetreuung allein gelassen: Die beiden Bordesholmer Alleinerziehenden mit jeweils zwei Kindern hatten trotz Anspruch über Monate keine finanzielle Unterstützung vom Jugendamt für die Kinderbetreuung bekommen – und konnten froh sein, dass die Tagesmütter aus dem Freundeskreis stammten oder zunächst auf das Geld verzichteten. „Die Leute in den Ämtern sind selbst total überfordert, selbst von denen blickt keiner richtig durch“, erklärt Katja Fock. Wie die drei Frauen bitten in jüngster Zeit immer häufiger Alleinerziehende um Rat im Büro der Gleichstellungsbeauftragten in Bordesholm. Claudia Houtman schlägt Alarm: „Immerhin wurden die Hartz-IVGesetze schon vor über zwei Jahren eingeführt. Und immer noch sind Zuständigkeiten nicht geklärt, und das besonders zu Lasten der Alleinerziehenden.“ Den betroffenen Frauen rät sie, nicht still zu halten. „Wichtig wäre, sich mit anderen ALG-Berechtigten auszutauschen und sich zusammen zu tun.“ Wie Houtman bietet auch der Bordesholmer SoVD-Ortsvorsitzende Helge Bracker den alleinerziehenden Müttern seine Unterstützung an. „An den Gesetzen können wir nichts ändern, aber wir können uns schlau machen, Informationen geben und die Betroffenen begleiten“, sagte Bracker. ti
Die Sprechstunde der Gleichstellungsbeauftragten in der Schulstraße 9 ist donnerstags 17.30 bis Die Gleichstellungsbeauftragte Claudia Houtman (3.v.l.) und der SoVD-Vorsitzende Helge Bracker sprechen mit den Müttern (von links) Karola Glüsing, Sandra Johannsen und Katja Fock – und bieten auch anderen Alleinerziehenden ihre Unterstützung an. Foto ti |