Kieler Nachrichten 27.10.05
Schüler erlebten Tücken des Alltags im Rollstuhl Realschule und Lebenshilfe-Verein planen weitere Projekte Bordesholm – Die Tücken des Alltags von Rollstuhlfahrern erlebten 25 Realschüler gestern bei einem besonderen Projekt am eigenen Leib: Mit geliehenen Gefährten kämpften sich die jungen „Rollifahrer“ Steigungen hinauf – oder kapitulierten vor unüberwindlichen Stufen im Bordesholmer Zentrum. „Uih, das ist ganz schön anstrengend“, sagte Philipp, der mit vollem Armdurchzug die Laufräder das leicht ansteigende Wegstück an der Kreiselbaustelle hinauf bewegte. Zuvor hatte der Siebtklässler aus der Apotheke eine Kundenzeitschrift geholt – und war dabei problemlos hineinund auch wieder hinausgerollt. „Es gibt schon eine Reihe barrierefreier Zugänge, auch das sollten die Schüler lernen“, erklärte Heino Bichel vom Freizeitclub der Lebenshilfe Bordesholm-Nortorf. Mit seinem ebenfalls gehandicapten Kollegen Roland Krispin sowie der Lebenshilfe-Leiterin Anne Fehrmann hatte Bichel die Realschullehrerin Margrit Thießen bei dem Projekt unterstützt: Für die Tour durch den Ort wurden Rollstühle besorgt, die von den Schülern am Tag zuvor in der Turnhalle ausprobiert werden konnten. Außerdem halfen sie Margrit Thießen bei der Ausarbeitung der Rollstuhl-Touren im Ort – inklusive neuralgischer Punkte wie steiler Rampen, abschüssiger Wegstrecken oder Stufenbarrieren vor Geschäften. Die Pädagogin zog ein positives Fazit über die erstmalige Zusammenarbeit zwischen Realschule und Lebenshilfe-Verein. „Bei dem Projekt ging es darum, den Schülern durch eigenes Erleben die Schwierigkeiten von Behinderten klar zu machen – und das ist durch die tolle Unterstützung der Freizeitclub-Mitglieder gelungen“, erklärte Thießen. Der Premiere sollen weitere Treffen und Aktionen folgen: Die Realschüler wollen in den kommenden Tagen die Gruppenstunden des Freizeitclubs im Bordesholmer Bürgerhaus besuchen, und im November ist in der Realschulküche gemeinsames Kochen angesagt. ti
Vor dem Stufenpodest eines Bordesholmer Geschäftes war für Lina Endstation. Kleines Bild: Gina lernte als Rollstuhlfahrerin den ebenen Asphalt schätzen – im Gegensatz zu vielen Pflasterwegen, die oft abschüssig und schlechter befahrbar sind. Foto Tietgen
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