Kieler Nachrichten 11.07.05

2500 bis 3000 Kisten pro Mann pro Schicht

In Wattenbek werden die Bestellungen der Märkte abgearbeitet

24 Stunden am Tag – das sind auch 24 Gelegenheiten, sich eine Stunde Zeit zu nehmen, in verschiedene Berufe hineinzuschauen, den Alltag bei der Arbeit schildern zu lassen. Die Holsteiner Zeitung setzt diese Serie fort mit dem Getränkelager in Wattenbek, das wir von 5 bs 6 Uhr besucht haben.

Von Jan Köster

Wattenbek – Knapp unter dem Horizont wartet noch die Sonne auf ihren Auftritt. Andere arbeiten schon: Drinnen, in der Halle des Getränke-Zentrallagers der Firma Riepen im Wattenbeker Gewerbegebiet „Nienröden“, summen jetzt, um 5 Uhr früh, schon die „Ameisen“ durch die Gänge. Elektrofahrzeuge sind das, mit einer langen Gabel am Heck, auf der hintereinander zwei Europaletten Platz haben. Für Kommissionierer, wie Carsten Harder, Heiner Sellmer oder Thomas Fanslau sind die „Ameisen“ die Arbeitswerkzeuge. Mit ihnen fahren sie durch die Gänge zwischen den bis zur Hallendecke hoch gefüllten Getränke-Regalen und packen auf die Paletten, was die einzelnen 74 Riepen-Getränkemärkte in Schleswig-Holstein und Hamburg bestellt haben. Stapelweise oder kistenweise wuchten die Kommissionierer die Getränke von Hand aus dem Regal auf die Palette – tausendfach jeden Tag. 

„Etwa 2500 bis 3000 Kisten packt jeder in seiner Schicht“, sagt Lagerleiter Rainer Haase. Der 48-Jährige ist der Chef der insgesamt 33 Mitarbeiter des Zentrallagers und irgendwie auch Mädchen für alles: „Ich mache zum Beispiel die Tourplanung und den kompletten Einkauf und setze die Speditionen ein, die für uns fahren“, zählt Haase auf. Doch das ist längst nicht alles, denn der Lagerleiter kümmert sich auch um die Mitarbeiter, entscheidet, was in welcher Menge wo gelagert wird, und ist zuständig, wenn irgendwo irgendwas repariert werden muss. Um diese Fülle von Aufgaben zu bewältigen, ist Rainer Haase den ganzen Tag in dem 7000 Quadratmeter großen Lager und dem rund 3500 Quadratmeter großen Freilager für Leergut unterwegs. Mit einem Schrittzähler hat er mal gemessen: Elf bis 15 Kilometer läuft er pro Schicht. Einen Teil davon legt der Lagerleiter inzwischen auf Rollen zurück: Ein Paar Inline-Skates steht dafür in seinem kleinen Büro-Container bereit. „Aber mehr als zwei bis drei Stunden pro Tag halte ich in den Dingern nicht aus“, sagt Rainer Haase.

Drüben, in dem etwas größeren Büro-Container, der ebenfalls in der Halle steht, ist inzwischen Andrea Cornehl dabei, die neuen Bestellungen der Getränkemärkte abzurufen. Für ein paar Minuten ist die 35-Jährige dabei von der Sonne geblendet, die gegen 5.20 Uhr aufgegangen ist, und ihr rotes Licht jetzt ganz flach durch die östlichen Hallentore bis hinein in den Bürocontainer wirft.

Aus jeder Bestellung macht Andrea Cornehl eine Liste, anhand der die Kommissionierer das Gewünschte packen und für den Abtransport per Lkw vorbereiten. An einer Stirnseite des Container-Büros sind 74 schmale Fächer für die einzelnen Märkte angebracht: die firmeninterne „Poststelle“. Briefe an die einzelnen Getränkemärkte, Werbeplakate und ähnliches gehen von hier aus gemeinsam mit den bestellten Getränken auf die Reise.

Um kurz vor 6 Uhr hat Kommissionierer Thomas Fanslau schon mehrere Aufträge gepackt und versandfertig gemacht. Auch die Kollegen waren schon fleißig. Mehrere der durchnummerierten Vorratsplätze haben sie an diesem Morgen schon leer geräumt. In solchen Fällen müssen die Staplerfahrer ran, um meist von weiter oben aus dem Regal eine volle Getränke-Palette zu holen und die entstandene Lücke wieder zu füllen. Der 56-jährige Hans-Peter Böhm ist einer der Staplerfahrer, die mit ihrem Gabelstapler beständig durch die Lager-Gänge patroullieren. Wenn ein Kommisionierer eine Lücke im Regal gefüllt haben will, dann hupt er. „Und dann fahre ich da hin, und er sagt mir, was er braucht“, erklärt Hans-Peter Böhm. Viel Zeit zum Schnacken hat er nicht: Von irgendwo aus dem Lager tönt ein langgezogenes Hupen. Kurz hupt Böhm zurück und summt los mit seinem Elektro-Gabelstapler.

Draußen ist die Sonne jetzt, kurz nach 6 Uhr, schon wieder hinter Wolken verschwunden.

  Viele Kilometer legt Lagerleiter Rainer Haase täglich durch das Lager zurück – oft auf Inline-Skates.

   

Abhaken, was schon eingepackt ist: Anhand einer Staplerfahrer wie Hans-Peter Böhm sorgen dafür, Liste stellt Kommissionierer Thomas Fanslau die dass den Kommissionierern die Ware nicht ausgeht. Bestellung einzelner Getränkemärkte zusammen. Fotos J. Köster