Kieler Nachrichten 02.07.05
Tschernobyl-Kids schöpfen Kraft im Sommercamp Für die 25 Kinder ist neben Ausflügen auch ein tägliches Gymnastikpensum geplant Von Sabine Nitschke Neumünster – Babuschka Erika strahlt über das ganze Gesicht: 25 Kids greifen zu und lassen sich Nudeln mit Tomaten-Hackfleisch-Sauce und auch die (gesunden) Weißkraut- und Rohkostsalate schmecken. Für „ihre“ Kinder aus der Ukraine schwingt die 78-Jährige nunmehr zum 14. Male das Zepter in der Küche. Babuschka Erika ist vollauf zufrieden. Die kleinen Feriengäste dagegen wirken mittags noch ein wenig müde und scheinen gedämpfter Stimmung. „Mit ein einhalb Stunden Verspätung ist das Flugzeug in Kiew gestartet; erst um Viertel vor eins kam der Bus dann in Neumünster an“, sagt Eberhardine Seelig, die Erfinderin und der „Motor“ der Reha-Maßnahmen für die Kinder, die wegen Leukämie alle Chemotherapien oder Knochenmarkstransplantationen hinter sich haben. Um unbeschwerte Ferien mit spielerischer Sprachschule geht es bei dem vierwöchigen Aufenthalt nicht nur. Die Siebenbis 14-Jährigen werden medizinisch von der mitgereisten Ärztin Irina Korenkova und den Krankenschwestern Alexandra Grib und Tatjana Ryzhenko betreut. Sportlehrerin Natalia Kavun, die im vergangenen Jahr durch Neumünsteraner Physiotherapeuten Anleitung in speziellen Bewegungsprogrammen für beinamputierte oder anders in ihrer Bewegung eingeschränkte Kinder erhielt, wird für das tägliche Gymnastikpensum zuständig sein. Aleksander ist der „alte Hase“ unter den 25 Kindern dieses Sommers. Im vergangenen Jahr erhielt er in Neumünster eine speziell angefertigte Beinprothese, die die Spender-Firma o. t. n. in diesem Jahr seinem Wachstum entsprechend nachbessern wird. Mit einer neuen Prothese hofft Seelig auch Olga Woropaewa nach Hause schicken zu können: „Ihr linkes Bein ist von Knochenkrebs befallen, musste aber nicht abgenommen werden. Allerdings ist es total geschient, damit es nicht bricht, weil die Knochen der Zwölfjährigen so fragil geworden sind.“ Und zwei Kinder sind mit Endoprothesen angereist. Bei Wlasdislaw, der in Neumünster am 15. Juli seinen Geburtstag feiern wird, ist nach dem Einsetzen des künstlichen Kniegelenks auch ein Jahr danach eine offene Wunde geblieben. Damit die Kinder fit sind für alle geplanten Ausflüge und gleichzeitig ihr Immunsystem gestärkt wird, steht vor allem gesunde Küche auf dem Speiseplan. Wie der tägliche Cocktail aus Karotten, Äpfeln und Roter Bete, dazu ein paar Spritzer Zitrone und einige Tropfen Öl. Wie viel von allem? Das bleibt Babuschka Erikas Geheimnis …
Gesunde, vitaminreiche Kost mit viel Obst steht für die Tschernobyl-Kids auf dem Speiseplan. Zum zweiten Frühstück gab es gestern am ersten Tag des Sommercamps Melone. Foto Einmal |