Kieler Nachrichten 20.07.04

Ein Heft führt durch die Kirche  … und die Geschichte der St. Johannis-Gemeinde Brügge
Brügge – Kulturgeschichte zum Anfassen bietet die Kirche der Sankt Johannis-Gemeinde in Brügge. Was es alles zu entdecken gibt, ist jetzt in einem Kirchenführer zusammengestellt. Von Jan Köster



Rund 800 Jahre ist es her, dass in dieser Gegend Siedler die riesigen Waldgebiete rodeten und auf einem Hügel über der Eider eine Kapelle errichteten – Keimzelle für die heutige Kirche. Um Interessierten die Kunstgegenstände und Details zu erschließen, die sich in den vergangenen Jahrhunderten unter dem Dach der Kirche angesammelt haben, gibt es seit dem Ende des vergangenen Jahres einen Kirchenführer in Form eines kleinen Heftes, das für 3 Euro im Gemeindebüro oder direkt in der Kirche gekauft werden kann. Geschrieben hat das Büchlein der inzwischen verstorbene Historiker Hartmut Hildebrandt. Initiator ist der Pastor der Gemeinde, Henry Koop. „Das ist ein Stück Bildungsarbeit für die Leute, die hier wohnen und für Menschen, die unterwegs sind, um sich Dörfer zu begucken. Es ist wichtig, dass solche Leute auch begreifen können, wo sie sich befinden“, findet Pastor Koop.

Die Geschichte des Kirchspiels Brügge findet sich ebenso in dem kleinen Buch wie eine Aufzählung der zahlreichen Schutzfunktionen von Johannes dem Täufer, dem heute noch vor allem in der katholischen Kirche schützende Wirkung vor Epilepsie, Furcht, Kinderkrankheiten und Hagel zugesprochen wird.

Das Schmuckstück im Inneren der spätromanischen Feldstein-Saalkirche ist der in seiner Bauweise ungewöhnliche Baldachin-Altar aus dem 17. Jahrhundert, der zwischen 1966 und 1985 restauriert wurde.

Doch der Kirchenführer macht auch auf die teils modebedingten Details aus anderen Jahrhunderten aufmerksam: auf das Taufbecken im Stil einer griechischen Säule, den barocken Posaunenengel, der heute vor der Marcussen-Orgel von 1821 hängt, Jahrhunderte alte Grabsteine vermögender Brügger oder auch das erste Wandgemälde, das der Groß Wittenseer Maler Carl Lambertz um 1960 links des Chorbogens schuf. Es ist fünf Meter hoch und zeigt Christi Taufe im Jordan durch Johannes.

Als „offene Kirche“ ist das Brügger Gotteshaus täglich zwischen 8 und 18 Uhr geöffnet – für Menschen, die in sich gehen oder beten wollen, aber auch für kunsthistorisch Interessierte.

Die modernsten Kunstwerke, die an und in der Brügger Kirche zu sehen sind, stammen von dem in Crivitz bei Schwerin arbeitenden Künstler Wieland Schmiedel. Seit etwas mehr als einer Woche zeigt die Sankt Johannis Kirchengemeinde an der Kirchenrückseite sein „Triumphkreuz“, neben der Kirche zwei Stühle aus Sandstein mit menschlichen Körperabdrü cken und im Altarraum die „Erstarrte Hülle Mutter und Kind“ – eine Polyester-Version von Maria mit dem Christuskind, die sich kritisch mit der häufig Ikonenhaften Darstellung der Mutter Maria auseinandersetzt.
Geschnitzter Knauf an der Treppe zur Kanzel: Johannes der Täufer aus dem Jahr 1864.

Pastor Henry Koop initiierte den Kirchenführer, der die geschichtlichen Details der Sankt Johannis Kirche in Brügge erklärt.