Kieler Nachrichten 17.11.06

Gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt

Anfänge des Volktrauertags reichen bis 1919

Der Volkstrauertag am Sonntag ist dem Gedenken an alle Opfer von Krieg und Gewalt gewidmet. In den Gemeinden wird zumeist an den Ehrenmälern an die Toten erinnert.

Frank A. Nemitz

Die Anfänge des Volkstrauertages reichen in das Jahr 1919 zurück. Seitdem setzte sich der Volksbund deutsche Krieggräberfürsorge für einen Gedenktag ein, der den gefallenen deutschen Soldaten gewidmet ist. 1922 gab es die erste Feierstunde im Reichstag und 1926 beschloss der Reichstag, den Gedenktag jedes Jahr zu wiederholen, ohne ihn allerdings zum offiziellen Feiertag zu erklären. Als Termin wurde der Sonntag Reminiscere, der fünfte Sonntag vor Ostern, festgelegt.

Die Nationalsozialisten übernahmen den Tag und drehten seinen ursprünglichen Sinn um. Aus dem mahnenden Gedenken an die Opfer des Krieges machten sie den Heldengedenktag. Nicht Trauer, sondern Heldenverehrung wurde staatlich verordnet.

Die noch junge Bundesrepublik Deutschland knüpfte 1950 mit einer Feierstunde im Bundestag an den ursprünglichen Volkstrauertag an. Zwei Jahre später wurde der Volkstrauertag als staatlicher Gedenktag auf den zweiten vent verlegt. Zentraler Bestandteil ist nach wie vor die Feierstunde im Bundestag. Gedacht wird nicht nur der Soldaten, sondern aller Kriegstoten und der Opfer von Gewalt.

In Schleswig-Holstein gedenken die Gemeinden der Toten meist durch das Niederlegen des Kranzes und einer Ansprache. Die Ehrenmale für die Gefallenen sind fast immer der Ort dafür. Es gibt sie aus der Zeit nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg. Kaum eine Gemeinde, in der sich kein Ehrenmal findet.

Ein sehr ausgefallenes Denkmal steht in Bovenau vor der Maria-Magdalenenkirche. Der Kyffhäuserbund hatte es 1923 für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs errichtet. Mit seinem mächtigen Adler spiegelt es den Geist der Zeit wider. Als es immer mehr verfiel und Ende der 90er-Jahre dringender Sanierungsbedarf entstand, forderten viele Bürger den Abriss. Eine Arbeitsgruppe aus Kommunalpolitikern, Kirche und dem Künstler Hilmar Friedrich entwickelte ein Konzept, dass die Mehrheit der Einwohnersammlung fand.

Das Ehrenmal wurde saniert und um eine Stele ergänzt. Sie erinnert an alle Opfer von Hass, Gewalt und Gleichgültigkeit. Friedrich schuf dazu eine Bronzeplatte, die Köpfe mit unterschiedlichem Gesichtsausdruck zeigt. Alle Augen sind geschlossen. „Damit haben wir nicht nur ein altes Denkmal saniert und konserviert, sondern durch die Umgestaltung eine völlig neue Denkmalgruppe als Mahnmal für alle Opfer geschaffen“, erläutert Bovenaus Bürgermeister Jürgen Liebsch.

Großzügig angelegt ist die Gedenkstätte in Achterwehr. Den Opfern ist ein ganzer Hain gewidmet. Ein zentraler Gedenkstein mahnt zum Frieden. Unter den Bäumen des ein Hektar großen Ehrenhains liegen zahlreiche größere Feldsteine verstreut. Für jeden gefallenen Soldaten aus der Gemeinde ein Stein. Die Namen sind eingemeißelt. „Der Ehrenhain wird heute noch als Erinnerungsstätte genutzt. Ich sehe regelmäßig Blumen an verschiedenen Steinen“, berichtet Achterwehrs Bürgermeister Wilhelm Jürgens.

Imposant wirkt das hohe Ehrenmal in Westensee. Gertrud Troplowitz, die Witwe des Nivea-Erfinders Oscar Troplowitz, schenkte es 1920 der Gemeinde. Es stand ursprünglich am Sandberg und fand erst später seinen Platz neben der Catharinenkirche.

Als ausgesprochen groß für ländliche Gemeinden fällt das Ehrenmal aus Feldsteinen in Langwedel auf. Es wurde kurz nach dem Ersten Weltkrieg gebaut. Gekrönt von einem Eisernen Kreuz steht die Kuppel auf einem runden begehbaren Monument. Die Namen der Gefallenen sind in Steinplatten eingelassen.

Ein Monument: das Ehrenmal in Langwedel.

Das Ehrenmal in Westensee stammt aus dem Jahr 1920.

Das Mahnmal in Achterwehr steht in einem Ehrenhain.

Eine moderne Stele macht das Kriegerdenkmal in Bovenau zu einem Mahnmal für alle Opfer von Krieg und Gewalt. Fotos fn