Kieler Nachrichten 19.05.06

Kinder spielten in der Ruine

Anwohner der ehemaligen Kofferfabrik ärgern sich über halbfertigen Abriss –Einsprüche gegen Neubaupläne

Von Sven Tietgen

Wattenbek – Wochenlang nutzten Kinder die frei zugängliche Fabrikruine in der Wilhelm-Stabe-Straße in Wattenbek – zum Spielen zwischen abgerissenen Dachpappen, Steinwolle-Bündeln und Glasscherben. „Das ist supergefährlich, nichts war abgesperrt“, ärgerte sich Anwohner Ernst Reese am Mittwoch.

Noch am gleichen Tag ließ der Grundstückseigentümer Dirk Ofterdinger das Gelände der ehemaligen Kofferfabrik in Wattenbek mit Absperrband und Verbotsschildern sichern. Das Ordnungsamt der Amtsverwaltung hatte ihn nach Beschwerden von Nachbarn dazu verpflichtet. Nach Ansicht von Ernst Reese hätte Ofterdinger schon viel früher aktiv werden müssen. „Die Steinwolle lag zuerst offen herum. Außerdem ist das Material mindestens sechs Jahre alt und damit krebserregend“, sagte der Anwohner.

Auch die Nachbarin Sybille Oesinghaus sprach von einem fahrlässigen Umgang mit der Sicherheit in und um den Gebäudekomplex. „Das spielten oft Kinder und Jugendliche, und teilweise wehte der Wind auch Müll auf unser Grundstück“, erzählte die Wattenbekerin. Der Grundstückseigentümer widersprach den Vorwürfen. „Die Steinwolle war von Anfang an in Folientüten verpackt. Und Kinder haben einfach nichts auf dem Grundstück verloren, dafür hatten wir ein Schild an der Mauer angebracht“, sagte Ofterdinger.

Die Anwohner wären froh, wenn das mit Müll umsäumte Anwesen endlich abgerissen wird. Ganz und gar nicht einverstanden sind die Nachbarn aber mit den von Ofterdinger geplanten Neubauten – und mehrere Anwohner haben bereits, wie berichtet, Widersprüche gegen das Vorhaben beim Kreisbauamt eingereicht. Jens Tietje etwa wendet sich besonders gegen die zwei vorgesehenen Mehrfamilienhäuser. Seiner Ansicht nach verstößt das Vorhaben gegen die Regelungen des Bebauungsplanes, der wegen der zuerst geplanten Seniorenanlage auf dem 3000-Quadratmeter-Grundstück geändert wurde.

„Der B-Plan erlaubt zwei Geschosse mit einem nicht ausbaufähigen Dach. Jetzt sollen dort praktisch dreigeschossige Bauten hin, außerdem stimmen die Abstände zu den Nachbargrundstücken nicht – und die Gebäude ragen zu hoch auf“, sagte Jens Tietje. Bis zur Klärung der Widersprüche will der Eigentümer mit dem Abriss trotz genehmigten Bauantrages warten. Er sieht sich im Recht und spricht davon, dass die Anwohner ihm „Knüppel zwischen die Beine werfen wollen“.

„Wenn die Leute Krieg wollen, können sie ihn haben. Ich kann auch einfach das Gebäude wieder in Stand setzen und nach meinen Vorstellungen aufbauen“, sagte Ofterdinger.

Seit Wochen ist die ehemalige Wattenbeker Kofferfabrik von Müll und Schutt umlagert. Erst am Mittwoch wurde das Gelände mit Absperrband und Verbotsschildern gesichert. Foto ti