Kieler Nachrichten 09.03.06

Fragen an die Nazi-Zeit
 

Jugendliche arbeiten an einem Beitrag für den Victor-Klemperer-Wettbewerb

Sven Tietgen

Wattenbek – Mit einem Filmprojekt, Zeitzeugen-Befragungen und einer Collage setzen sich derzeit acht Wattenbeker Jugendliche aus dem örtlichen Jugendtreff mit der Zeit der Judenverfolgung und der Nazi-Herrschaft auseinander.

Das Projekt ist ein Beitrag für den diesjährigen Victor-Klemperer-Wettbewerb des ZDF. Thomas Puck, Leiter des Jugendtreff-Trägervereins, hatte den jungen Nutzern der Einrichtung die Teilnahme an dem Wettbewerb vorgeschlagen. Namensgeber des Wettbewerbs ist der jüdische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Victor Klemperer, der die nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945 überlebte und durch die post hume Publikation seiner Tagebücher bekannt wurde. Die achtköpfige Jugendgruppe sagte sofort zu und erarbeitete mit Betreuerin Petra Fedkenheuer beim ersten Treffen im Januar ein Konzept mit Interviews von Zeitzeugen.

Eine Reihe von Erlebnisberichten älterer Menschen aus der Region haben die jungen Wattenbeker bereits gesammelt. Die Texte handeln von Vertreibung, Angst vor Verfolgung oder Überlebenskämpfen – und haben bei den 14- bis 21-Jährigen auch Spuren hinterlassen. „Das Projekt ist gut, damit man mitbekommt, wie das damals gelaufen war“, erklärten Malte Schlüter (14) und Marco Kurzweg (21). Die ersten Zeitzeugen-Berichte wurden bereits zu Papier gebracht und für eine Collage-Arbeit auf eine symbolische Mauer geklebt. Weitere Interviews mit Bewohnern der privaten Seniorenpension Dahlienhof sollen folgen.

Aktuell arbeiten die Jugendlichen an einem Videofilm, der unter dem Titel „Winterhilfe“ den unfreiwilligen Verrat versteckter Juden thematisiert – inklusive der Verhaftung einer schwangeren Frau durch zwei Nazi-Schergen der SA. Jugendtreff-Betreuerin Petra Fedkenheuer ist stolz auf die jungen Leute: „Auf die Idee, einen Film zu drehen, sind die Jugendlichen selbst gekommen und haben sich alles alleine erarbeitet“.

Das Projekt wollen die Jugendlichen heute Abend Vertretern der Gemeinde sowie Betreuern und Nutzern anderer Jugendeinrichtungen vorstellen. Ob der komplette Beitrag nach Abgabeschluss des Wettbewerbs am 23. März öffentlich präsentiert wird, lassen die Macher offen. „Mal sehen, wenn es gut läuft, machen wir das vielleicht. Auf jeden Fall gibt es eine Grillparty für die Jugendlichen“, kündigte Petra Fedkenheuer an.
Nähere Informationen zum Wettbewerb gibt es unter
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b e w e r b . d e im Internet.

Malte Schlüter (links) und Marco Kurzweg schlüpften für den Videofilm in die Rolle von SA-Männern, die eine schwangere Jüdin (Marika Bales) verhaften.

Von links: Christina Lautenschläger, Vanessa Saggau, Marika Bales, Marco Kurzweg, Pascal Friedrich, Kevin Zander, Marita Bales und Malte Schlüter haben die Collage-Mauer bereits mit ersten Zeitzeugenberichten versehen. Fotos ti