Kieler Nachrichten 09.12.06

Hilfsaktion, damit Kinder nicht ins Abseits abgleiten

Acht Prozent der Familien im Bordesholmer Land von ALG-II-Zahlungen abhängig

Von Sven Tietgen

Bordesholm – Fehlende wetterfeste Kleidung, seltene Mittagsmahlzeiten oder keine Fußballschuhe, um im Sportverein mitzukicken: Immer mehr Kindern im Bordesholmer Land ist nach den Beobachtungen von Schuloder Kita-Leitungen ihre soziale Herkunft anzumerken. Jetzt haben sich nahezu alle sozialen Einrichtungen für eine direkte Hilfskampagne zusammengeschlossen.

Für Klaus-Ingo Marquardt von der Grundschule Wattenbek sind die aktuellen Zahlen beunruhigend: Acht Prozent der Bevölkerung in Bordesholm und den Umlandgemeinden sind von ALG-II-Zahlungen abhängig – nicht weniger als 1200 Menschen. Nicht nur fehlendes Geld führt dazu, dass mehr und mehr Kinder mangels Ausrüstung nicht an Sportaktivitäten teilnehmen oder bei kostenpflichtigen Freizeitangeboten mitmachen können. „Bei einigen Müttern und Vätern ist auch Schamgefühl dabei, da will niemand betteln. Einige scheuen sich sogar, zu Aktionen wie ,Familien helfen Familien’ zu gehen“, erzählt der Konrektor.

Die Kita-Leiterin Marina Eyler weiß zudem von Kindern, die zu Hause selten ein warmes Mittagessen bekommen. „Das führt dazu, dass immer mehr Kinder sozial isoliert werden. Und dann kann es leicht zu Verhaltensauffälligkeiten und unsozialen Verhalten kommen“, erklärt die Diplom-Heilpädagogin. Unter dem Motto „Alle Kinder brauchen Freunde – Teilhabe statt Ausgrenzung“ starten die Schulen und Kitas zusammen mit fast allen sozialen Gruppen, Initiativen und Vereinen aus der Region jetzt direkte Hilfsaktionen in den betroffenen Familien – und hoffen auf finanzielle Unterstützung aus der Bevölkerung.

Die konkrete Hilfe soll so aussehen, dass für die betroffenen Kinder wetterfeste Kleidung besorgt, das Essen in der Kita und der Schule übernommen oder Laufroller und anderes für die Entwicklung der Kinder wichtiges Material angeschafft wird. Auch die Beiträge für Sportvereine oder Ferienspaß-Aktionen können über die Hilfskampagne finanziert werden. Die Unterstützung ist zeitlich befristet, außerdem wird ein Eigenanteil der Eltern angestrebt.

„Wir wollen die Eltern nicht aus ihrer Verantwortung entlassen – und ihnen gleichzeitig deutlich machen, dass es Lösungsmöglichkeiten zur Unterstützung ihrer Kinder gibt“, betont die Lindenschulleiterin Bärbel Volkers. Als Finanzierungsplattform nutzen die Initiatoren den örtlichen Jugend- und Familienhilfeverein, der die erhofften Spenden unbürokratisch an die helfenden Einrichtungen weiterleitet. Die Hilfsorganisatoren blicken auch schon in die Zukunft: So sollen Mitglieder von Seniorenverbänden oder den Landfrauen dafür gewonnen werden, ehrenamtlich die betroffenen Familien bei ihren Alltagsaufgaben zu unterstützen.

Spendenkonto des Jugendund Familienhilfevereins: 42919 bei der Bordesholmer Sparkasse (BLZ 21051275). Weitere Informationen geben Klaus-Ingo Marquardt (Tel. 04322/2363), Bärbel Volkers (692269), Marina Eyler (4820) und Gemeindejugendpfleger Wolfgang Schildt (692304).

Von links: Marina Eyler, Klaus-Ingo Marquardt und Bärbel Volkers hoffen für ihre Hilfskampagne auf viele Spenden aus dem Bordesholmer Land. Foto ti