Kieler Nachrichten 31.08.06

Bürgerentscheid? Es geht um die Namen der Gefallenen

Seniorengruppe will Gedenktafel am Ehrenmal – Gemeindevertretung berät darüber

Von Frank Scheer

 
Wattenbek – Seit Ende 2003 will eine Gruppe von Senioren auf dem Ehrenmal an der Schulstraße eine Gedenktafel mit den Namen der im ersten und zweiten Weltkrieg gefallenen Wattenbeker aufstellen. CDU und SPD lehnen das aber ab, 60 Jahre nach Kriegsende sei das unangemessen, so eine Begründung. Die Namens-Befürworter wollen deshalb notfalls Unterschriften sammeln und einen Bürgerentscheid durchsetzen.

„Wir haben lange stillgehalten, aber jetzt reicht es“, machte Werner Hass deutlich. Zusammen mit Peter Gränert, der die Seniorengruppe „Mach mit“ leitet und Volker Heidemann hat er sich für die Gedenktafel eingesetzt. In einem zehnköpfigen Arbeitskreis (AK) seien seit 2003 immer wieder Vorschläge ausgearbeitet und der Gemeinde vorgelegt worden. Mit einem Modell im Maßstab 1:10, das Volker Heidemann gebaut hatte, gaben sie ihrer Idee auch ein Aussehen. „Die Gemeinde hat uns hingehalten und vertröstet“, monierte Hass. Man habe ihnen zwar gesagt, dass man die Namens-Idee ablehnt. „Aber man wollte die Sache nicht in einer Gemeindevertretung zum Thema machen“, so Hass. Deshalb sei der AK jetzt gezielt mit dem Thema in die Öffentlichkeit gegangen. Auch Peter Gränert kritisierte deutlich die Hinhaltetaktik der Fraktionen. Aus seiner Sicht gehören die Namen mit zur Geschichte. „Wir haben uns in vielen Nachbargemeinden umgesehen. Überall sind die Namen vermerkt“, führte er aus. „Mit einem Namen verleiht man einem Toten ein Gesicht.“ Gränert hat die Namen von zehn im ersten und 18 im zweiten Weltkrieg gefallenen Wattenbekern in mühsamer Recherchearbeit in Archiven herausgefunden. Werner Hass, dessen Bruder zu den Gefallenen gehört, merkte an: „Die lange Aufzählung der Opfer könnte eine eindrucksvolle Mahnung für kommende Generationen sein.“

Volker Techow, Fraktionschef der CDU, weist den Hinhalte-Vorwurf ebenso wie die SPD zurück. Das Thema sei mehrmals und intensiv in der CDU-Fraktion beraten worden. Einstimmig, wie auch in der SPD, habe die CDU die Namensnennung abgelehnt. „Auf dem Gedenkstein steht ,Für Euch’. Und unsere Eltern, die den Stein damals aufgestellt hatten, werden sich etwas dabei gedacht haben, die einzelnen Namen wegzulassen“, betonte Techow. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Kühne hält es für „unpassend, 60 Jahre nach Kriegsende nun die Namen dazu zu nehmen“. „,Für Euch’ ist allumfassend, außerdem gibt es auch viele Opfer des Nazi-Regimes. Wenn man nur die Gefallenen nimmt, besteht die Gefahr, andere zu vergessen.“ Bürgermeister Uwe Bräse (CDU) teilte auf Nachfrage mit, dass das Thema am Donnerstag, 14. September, in der Gemeindevertretung (19.30 Uhr, Schalthaus) öffentlich beraten wird. Die drei Sprecher des Arbeitskreises sind dazu eingeladen worden.

Das Wattenbeker Ehrenmal an der Schulstraße ist ein hübsch angelegter Ort zum Nachdenken und Erinnern: der Gedenkstein ist im hinteren Teil des Geländes zu finden. Foto fs

Modell des Arbeitskreises: Neben dem Gedenkstein könnten Stelen mit den Namen der Gefallenen aufgestellt werden. Foto hfr