Kieler Nachrichten 22.11.05

Eine Todsünde: Foto mit Spagetti-Trägerhemd 

Realschüler lernten das Einmaleins der Bewerbung und des Vorstellungsgespräches 

Von Frank Scheer 

Bordesholm – Eine Todsünde bei der Bewerbung? Frauke Bünz von der Bordesholmer Sparkasse überlegt kurz: „Ein Bewerbungsfoto mit Sweatshirt oder Spagetti-Träger-Hemd“, sagt die Ausbildungsleiterin. Einige der 15- bis 16-jährigen Zehnklässler sind baff.

Zum ersten Mal veranstaltet die Sparkasse für Schüler der Abgangsklassen der Bordesholmer Realschule zusammen mit der AOK ein professionelles Bewerbungstraining – elf der 65 Schüler waren gestern dran. „Wir wollen den Schülern den Start in den Beruf trotz des schwierigen Umfelds etwas leichter machen. Tipps geben, damit Fehler vermieden werden“, erläutert Vorstandsmitglied Sven Jahnke den Hintergrund.

Er rät Schulabgängern, im- mer eine auf den Lehrbetrieb abgestimmte Bewerbung zu schreiben. Dabei sollte man deutlich machen, warum man sich nun gerade für den gewählten Beruf geeignet fühlt. Außerdem: Man sollte in der Bewerbung ehrlich sein. „Übertreibungen und andere Schwindeleien kommen schnell raus.“ Frauke Bünz fügt hinzu: „Es macht sich auch immer gut, wenn die Bewerbung an den Ausbildungsleiter adressiert ist. Wer das ist, könnte man durch ein vorheriges Telefonat klären“, erklärt Bünz. Zum Thema Bewerbungsfoto sagte sie: „Wir verlangen gar nicht, dass der Bewerber im Nadelstreifenanzug oder Sakko zu sehen ist. Aber das Outfit sollte zum Beruf passen und das Gesicht müsste zu sehen sein.“ Viel- leicht sollten sich Bewerber, die in dieser Frage unsicher sind, mal im anvisierten Betrieb umschauen. Bei Banken, Versicherungen oder anderen größeren Betrieben sei das ohne großen Zeitaufwand schnell zu machen.

Zusammen mit den Bewerbungsexperten Heiko Petersen und Andreas Kruse gingen die Schüler knapp drei Stunden das Einmaleins bei Bewerbung und Vorstellungsgespräch durch. Praktische Übungen wie das „Chefgespräch“ wurden aufgezeichnet und anschließend am Fernseher analysiert. Auffällig war aus Sicht der beiden Schulungsleiter, dass die Schüler zwar ein gutes Sozialverhalten zeigten, aber doch sehr „wenig Eigeninitiative“ an den Tag legten. „Immerhin mehr als im städtischen Bereich von Neumünster, aber für die Berufswelt ist es eigentlich zu wenig.“

 „Wichtig, aber auch witzig“, so beschreibt es die 16-jährige Kristiane Bogert, sich selbst im Fernsehen zu sehen. Die gemachten Fehler würden da gut rüberkommen. Svenja Honold hat das Bewerbungstraining viel gebracht. „Ich würde jetzt einiges anders machen“, bilanziert die 15-Jährige. „Darauf, dass man in einer Bewerbung nicht die Anrede ,Sehr geehrte Damen und Herren’ verwenden sollte, hat uns unser Lehrer im Unterricht nicht hingewiesen“, meinte sie.

Schulleiter Ernst-Peter Müller sieht die Premiere des Bewerbungstrainings als ideale Ergänzung zum Unterricht. „Die Schüler gehen in so eine Sache mit außerschulischen Profis mit einem ganz anderen Respekt an.“ Zwei Dinge seien aus seiner Sicht bei der Premiere deutlich geworden: Zum einen müssten solche Seminare eher den Neuntklässlern zum Ende des Schuljahres angeboten werden. „Viele der jetzigen Zehnklässler hatten ihre ersten Bewerbungen schon im Sommer abgeschickt.“ Und zum anderen sollten sich auch Lehrer zu diesem Thema jährlich fortbilden. 

Per Videokamera wurden die Gespräche von Andreas Kruse (rechts) aufgezeichnet – hier läuft ein Bewerbungsgespräch mit Betreuer Heiko Petersen (von links), Svenja Honold und Kristiane Bogert. Foto Scheer