Kieler Nachrichten 13.08.05

Wenn’s sein muss, auch nachts ’raus

Ernte bringt Landwirte und Landmaschinentechniker in Zeitnot

Bordesholm – So richtig Ruhe herrscht derzeit nie bei der Bordesholmer Niederlassung des Landmaschinen-Herstellers und -Händlers „Claas“: Arbeitstage von 7 bis 22 Uhr sind jetzt, in der Haupt-Erntezeit, keine Seltenheit. Und selbst wenn die Werkstatt, das Ersatzteillager und die Büros einmal menschenleer sein sollten, ist trotzdem immer jemand erreichbar, der einen streikenden Mähdrescher wieder in Gang bringen kann.

Von Jan Köster

„Mein Handy ist 24 Stunden am Tag an“, sagt Bernd Drückhammer, der den Bereich Werkstatt und Service der „Claas Bordesholm GmbH“ leitet. Die ständige Bereitschaft ist dringend nötig, denn die Kunden von „Claas“ sind Landwirte, und denen macht das feuchtkalte Wetter derzeit schwer zu schaffen. Nach einer guten Gerste-Ernte hat die Witterung die Raps- und Weizenernte ins Stocken gebracht, wie Bernd Drückhammer erklärt: Eigentlich sei der 15. August der Stichtag für den Beginn der Raps-Aussaat für das kommende Jahr, jetzt aber sei ein großer Teil des 2004 gesäten Rapses noch nicht einmal geerntet. Und auch die Weizenernte ist wettergebremst. Um gegen Ertragseinbußen zu kämpfen, heißt die Devise für die Landwirte jetzt: Jede trockene Minute nutzen. Wenn es sein muss, wird non stop Tag und Nacht gedroschen.

„Claas-Bordesholm“-Geschäftsführer Steffen Krippahl weiß: Ein Ausfall des oft einzigen Mähdreschers kommt in so einer Situation einer Katastrophe gleich: „Denn wenn der Mähdrescher steht, steht die ganze Produktionskette still“ – Und das bedeutet zusätzliche Kosten.

  Da wundert es kaum, dass unter diesem Druck mancher Landwirt sich – gelinde gesagt – nicht mit zeitraubenden Höflichkeiten aufhält, wenn er die „Claas“-Techniker aus der Bordesholmer Dieselstraße zur Hilfe ruft. „Bei solchen Anrufen muss man manchmal schon einen ganz schön dicken Nacken haben“, sagt Bernd Drückhammer. Verständnis hat er dennoch, denn er weiß um die Probleme der Kunden.

In den meisten Fällen machen sich nach solchen Notrufen Techniker mit einem der vier Werkstattwagen auf den Weg, um die ausgefallene Erntemaschine direkt auf dem Feld zu reparieren. Jeder Wagen ist mit Werkzeug und Ersatzteilen, mit technischen Anleitungen für alle möglichen Modelle von Mähdreschern, Häckslern und Schleppern ausgerüstet sowie mit Notebooks für die Fehleranalyse der in vielen Bereichen digital gesteuerten modernen Landmaschinen.

Doch auch „Oldies“ kriegen die Techniker von „Claas-Bordesholm“ noch in die Finger, so wie den 30 Jahre alten Mähdrescher, der zurzeit unter anderem ein neues Getriebe in der Werkstatt an der Dieselstraße bekommt.

Für die Versorgung mit Ersatzteilen für alle „Claas“-Maschinen und Schlepper ist Andreas Stange zuständig, der das Lager der „Claas-Bordesholm GmbH“ leitet. Gleichzeitig ist sein Lager ein „Claas“-Zentrallager, von dem aus Teile Dänemarks, ganz Schleswig-Holstein, sowie Teile von Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit Ersatzteilen versorgt werden. Über 500 000 verschiedene Artikel kann Andreas Stange verfügen: von der vier Millimeter kleinen Unterlegscheibe bis zur neun Meter breiten Einzugstrommel, die vorn an einem großen Mähdrescher die abgeschnittenen Halme in die Maschine zieht. Auch im Lager ist derzeit 24 Stunden pro Tag die Bestellung von Ersatzteilen möglich.

„Und wenn es sein muss, kommen wir mitten in der Nacht her und geben das Teil raus“, sagt der Lagerleiter.

 

Fehlerbehebung von Hand: Techniker Jan Greve verhilft einem 30 Jahre alten Mähdrescher zu einem neuen Getriebe. Fotos J. Köster

Techniker Bernd Lindemann zeigt, wie bei modernen Landmaschinen per Notebook und Datenkabel Fehler analysiert und Einstellungen vorgenommen werden können.

 

Auf 500000 Ersatzteile kann Andreas Stange zugreifen: von kleinen Muttern bis zur neun Meter breiten Einzugstrommel für Mähdrescher (hinten, im Regal).