Kieler Nachrichten 22.11.04

Wehren „klärten“ die Katastrophe  

Große Übung auf dem Gelände des Reesdorfer Klärwerks  

Von Sven Tietgen  

Reesdorf – Großalarm im Dorf und den Nachbargemeinden: Wrackteile eines abgestürzten Flugzeuges schlugen in das neue Reesdorfer Klärwerk ein, setzten Betriebsgebäude in Brand und verletzten vier Menschen. Gut 60 Feuerwehrleute aus Reesdorf, Brügge, Wattenbek und Bordesholm erreichten binnen weniger Minuten die Unglücksstelle – ohne zu wissen, dass sie zu einer Alarmübung ausrückten.

Nur die Wehrführer waren eingeweiht – denn Dirk Hinz-Reese (Reesdorf), sein Brügger Amtskollege Karsten Lütt, Onno Marxen (Wattenbek) und der Bordesholmer Wehrführer Peter Koch hatten mit Dieter Gläßel vom örtlichen Abwasserzweckverband das Übungs-Szenario mit dem vermeintlichen Flugzeugabsturz ausgetüftelt. „Das Klärwerk ist vollgepackt mit Technik, und für die Wehren in der Region ist das Gelände absolutes Neuland“, erklärte Gläßel.

Die Einsatzkräfte unter Leitung der Wehrführer teilten sich die Aufgaben: Die als erste am Unglücksort eingetroffenen Reesdorfer hievten ihre Tragkraftspritze zur Löschwasserentnahmestelle an der Eider und rollten die ersten Schläuche aus. Ihre Atemschutzträger drangen gleichzeitig in das alte Betriebsgebäude – dort galt es, zwei Verletzte mit Verbrennungen aus dem verqualmten Keller zu holen.

Während die Brügger Blauröcke das „brennende“ Verwaltungsgebäude löschten, konzentrierten sich die Wattenbeker Feuerwehrleute auf die Kammerfilterpresse. In dem Gebäude, wo der anfallende Klärschlamm getrocknet und zu Ballen gepresst wird, hatten sich zwei Mitarbeiter vor den ätzenden Chemiedämpfen aus einem geplatzten Rohr in das Bürozimmer gerettet. Keine leichte Aufgabe für die beiden Männer vom so genannten CSA-Trupp – sie mussten sich in die hermetisch von der Außenwelt abgedichteten Chemie-Schutzanzüge zwängen und die Vermissten retten.

„Ihr müsst mit Salzsäure und anderen ätzenden Stoffen im Gebäude rechnen“, schärfte Wehrführer Marxen dem CSATrupp ein. Die wie Astronauten wirkenden Spezialisten schlossen ihre Mission erfolgreich ab. Das galt allerdings nicht für die knapp zweistündige Alarmübung insgesamt, wie Dieter Gläßel nach Abschluss der Aktion und anschließender Manöverkritik erklärte. „Wir haben festgestellt, dass wir die Einsatzpläne im Klärwerk überarbeiten und sämtliche potenzielle Gefahrensituationen auflisten müssen“, so der Vertreter des Klärwerkbetreibers. Zudem soll für jede Wehr eine eigene Führung durch die Anlage organisiert werden.

   

Für den Einsatz in der Kammerfilterpresse des Reesdorfer Klärwerks mussten sich die Wattenbeker CSA-Spezialisten in ihre Chemie-Schutzanzüge zwängen. Fotos Tietgen 

   

Auch die Bordesholmer DRK-Bereitschaft agierte bei der Reesdorfer Großübung – hier versorgte Thomas Wieburg einen der geretteten Klärwerksmitarbeiter.