Artikel aus dem Holsteinischen Courier

vom 08.07.1939

Auch beim größten Arbeitgeber am Ort, dem Kieswerk von Haberman & Guckes, hatte es einschneidende Veränderungen gegeben. Das Unternehmen profitierte seit 1933 von den vielen staatlichen Bauauftragen und war mittlerweile zum kriegswichtigen Betrieb aufgestiegen. Der Holsteinische Courier stellte die Firma im Juli 1939 in einem längeren Artikel vor:

"Zwei Kieswerke hauptsächlich liefern das Material für den ausgedehnten Wegebau in unserer Provinz: die Grube 'Nordmark' bei Tarp und das Werk Bordesholm der Aktiengesellschaft Habermann & Guckes. Einige hundert Meter nördlich der Station Bordesholm hat man lange Verladerampen aufgeschüttet: hier kippen die schweren hölzernen Loren ihren steinigen Inhalt auf die Güterwagen der Reichsbahn hinüber. Zwischen fünf- und sechshundert solcher Loren sind im Betrieb, ihrer zwanzig bis dreißig werden von einer 60-PS-Lokomotive in Bewegung gehalten. Neun solcher Loks sind auf dem weiten Gelände des Werkes in Tätigkeit. Dies Gelände liegt 5-6 Kilometer nordöstlich Bordesholms, auf der Feldmark und in den Waldbezirken der Dörfer Reesdorf und Brüggerholz. Hier haben Stauchmoränen der Eiszeit ein kuppiges Hügelgewirr geschaffen, gewöhnlich als Brüggerholzer Höhen bezeichnet. Die bewaldeten, bis zu 80 Meter hohen Erhebungen sind auch vom Schuttberg Neumünsters aus deutlich zu erkennen. In das abgelegene Idyll des grünen Waldreviers hat sich der mächtige Löffelbagger tief hineingefressen. Wir folgen den schmalen Gleisen und staunen immerzu über die gewaltigen Mengen von Steinblöcken, die rechts und links aus den steilen Hängen der Hügel hinabgerutscht sind. Endlich stehen wir an der Arbeitsstelle des von Dampf bewegten Baggers. Von einem einzigen Mann bedient, dreht sich das Ungetüm hin und her. Unten setzt er an, und wenn er dann seine „Unterlippe” mit den vier eisernen Stoßzähnen nach oben schiebt, dann kann ihm nichts widerstehen. Bis zu 60 Zentnern der Blockpackung nagt er auf einmal ab und mit eigenwilliger Gebärde hebt er sie in eine Lore hinüber, diese mit einem einzigen [Mal] „mundvoll” füllend. Der lange, gefüllte Lorenzug fährt zunächst an einen Holzschuppen heran, in dem ein breites Vibrationssieb Sand und Steine von einander trennt. Unter ohrenbetäubendem Lärm tanzen die großen Brocken das scharf hin- und hergestoßene Sieb hinunter - sie fallen polternd durch einen Kanal in unten durchgeschobene Loren, ebenso wie Sand und Erde. Um es gleich hier zu sagen: man baut mit der anfallenden Erde das Hügelgelände nach Möglichkeit wieder auf. Es wird auch wieder mit jungen Waldbäumen bepflanzt, so daß die ursprüngliche Landschaftsform mit aller Sorgfalt wieder hergestellt wird. Bei der Auseinandersetzung mit den Landbesitzern - sie erhalten einen gewissen Prozentsatz des Bruttogewinns - wird eine bestimmte Summe für die Aufforstung abgezweigt. Auf verschlungenen Gleiswegen werden die gefüllten Loren in das Hauptwerk [in Brüggerholz bei Busse] hineingezogen, das in einer geschützten Mulde errichtet worden ist. Hier sortieren mächtige Trommelsiebe das auf laufende Bänder geschüttete Material. Mehr als ein halbes Dutzend Brechanlagen knacken dann die harten Nüsse aus Granit oder Grauwacke zu jeder gewünschten Größe entzwei. Im Büro des Betriebsleiters steht ein Mustertisch mit 24 Fächern: soviele Sorten werden dem Käufer angestellt, vom klobigen 'Pack' über den gewaschenen Grand bis zu Splitt und Grus. Natürlich gibt es Steinriesen in Mengen, die für die laufenden Bänder und die Paternosteraufzüge des Werkes gar zu klobig sind. Sie werden der Menschenkraft ausgeliefert: acht Steinhauer gehen ihnen mit über 30 Pfund schweren Hämmern zu Leibe. Wahrlich, eine anstrengende Arbeit, die freilich ihren Mann nährt. Hier spielt eine große Erfahrung die ausschlaggebende Rolle; es ist erstaunlich, mit welcher List und Tücke die Zahl der nötigen Schläge auf das geringste Maß heruntergedrückt wird. Das verkaufsfertige Material wird in langen Zügen nach dem Verladebahnhof [in Wattenbek bzw. Bordesholm] hinaufgebracht, von wo aus es nach allen Gegenden der Provinz abrollt. Näher gelegene Baustellen werden durch Lastzüge bedient, die die Firma je nach Bedarf einstellt. Im Werk Bordesholm arbeiten rund 100 Mann, davon ist etwa ein Viertel Tschechen. Leicht ist die Arbeit gewiß nicht, obwohl die Maschinen die eigentliche Lastarbeit verrichten. Aber der feine Steinstaub, der dauernde Lärm, die Ungunst der Witterung und die Einförmigkeit mancher Verrichtungen müssen sehr in Ansatz gebracht werden. Für [die] 'Schönheit der Arbeit' sorgen hauptsächlich der grüne Wald und die köstliche frische Luft. Die Firma tut ein Übriges, indem sie Personenzüge einstellt, die einen Teil der Belegschaft an die Station bringt, indem sie anderen Gefolgschaftsmitgliedern Krafträder vermittelt, wohnliche Baracken errichtet und auch sonst die Belegschaft nach Kräften betreut. Die Männer des Werkes dürfen die Gewißheit haben, daß die Allgemeinheit Notwendigkeit und Segen ihres Wirkens wohl zu schätzen weiß."

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[HC vom 08.07.1939]