Eingemeindung II:

Die Idee einer Stadt Bordesholm-Wattenbek 1965

Nachdem die Bestrebungen der Nationalsozialisten 1937 gescheitert waren, Wattenbek mit Bordesholm zu vereinigen, wurde diese Idee Mitte der sechziger Jahre neu belebt. Der Bürgervorsteher von Bordesholm, Friedrich Hayn, verfasste 1965 einen Aufsatz über seine Gemeinde und beschrieb darin den "Weg einer Mittelpunktgemeinde im ländlichen Bereich 1945-1965". Das Ganze wurde im Heimatkundlichen Jahrbuch (1965) für den Kreis Rendsburg veröffentlicht.

Hayn beendete seine Ausführungen "mit drei kurzen Bemerkungen zum Schluss". Die eine davon war den Wattenbekern gewidmet: "Die Nachbargemeinde Wattenbek wird amtlich als eine wirtschaftliche und soziologische Einheit betrachtet. Beide Orte haben eine ähnliche strukturelle Zusammensetzung. Die bebauten Flächen sind so verzahnt und gehen ineinander über, dass besonders das Luftbild überhaupt keine Grenzen zeigt. Sie sind auf lange Strecken hin nur durch einen Knick oder eine halbe Straßenbreite getrennt. Die Genossenschaftsmeierei Wattenbek liegt in einer Enklave unseres Ortes.

Die obige Karte wurde 1966 im Auftrag der Gemeinde Bordesholm durch den Architekten Beidatsch erstellt. Bezeichnenderweise sind die Gebäude auf dem Wattenbeker Gemeindegebiet ebenfalls sorgfältig kartiert (wenn auch die Straßennamen fehlen, oder sogar falsch sind - siehe "Wilhelmstraße" statt "Wilhelm Stabe Straße". Die Gebäude der anderen angrenzenden Gemeinden sind nicht farblich gezeichnet und auch nicht näher bezeichnet.

Detaildarstellung der Gemeindegrenzen im Folgeartikel

Die beiderseitigen Gewerbeflächen berühren sich, werden durch den gleichen Bahnstrang und durch gleiche Straßen erschlossen. Der Hauptbetrieb Wattenbeks, die Optische Fabrik Helmecke, beschäftigt rund 140 Arbeitskräfte aus Bordesholm, vorwiegend Frauen aus der Finnenhaussiedlung. Ein Weg von wenigen Minuten lässt das Bewusstsein eines Pendlers nicht aufkommen. Einkaufsort für Wattenbek ist eindeutig Bordesholm. Die kirchliche Betreuung obliegt dem Pfarrbezirk Ost der eben vereinigten Kirchengemeinde Bordesholm-Brügge.

 Im Zuge der Entwicklung zu einer ausgeprägten Mittelpunktgemeinde Bordesholm-Wattenbek drängt sich die Frage auf, ob es günstig und finanziell zu vertreten ist, wenn sich zwei Gemeinden dieser Art fortlaufend getrennt nebeneinander entwickeln und für sich allein Einrichtungen schaffen, die gemeinsam schneller, besser und billiger entstehen könnten. Die interkommunale Zusammenarbeit begann schon auf dem Gebiet der Kanalisation [1]; sie müsste behutsam und ohne Ressentiments ausgebaut werden. In einer Zeit, in der wir an Europa bauen, wird auch einmal der Zeitpunkt kommen, an dem sich beide Gemeinden freiwillig oder stärkerer Verhältnisse wegen als Ortsteile einer Stadt zusammenfinden."[2]

 Diese werbenden aber insgesamt doch auch recht pathetischen Worte des Bürgervorstehers von Bordesholm sind von den Wattenbekern nicht erhört worden. Es muss allerdings in der Folgezeit eine recht kontrovers geführte "interkommunale" Diskussion über dieses Thema stattgefunden haben, denn in Wattenbek ist es 1967 schließlich (aus Bordesholmer Sicht) zur Bildung einer "Separatistenbewegung" gekommen.

 

[1] Gemeint ist die Gründung des (Abwasser-) Zweckverbandes Bordesholm-Wattenbek im Jahre 1964.

[2] Der letzte Halbsatz in den Ausführungen Hayns konnte durchaus auch als Drohung in Richtung Wattenbek verstanden werden.

siehe auch:

Eingemeindung I: Die geplante Eingemeindung nach Bordesholm 1937

Eingemeindung III: Die Agitation einer Wattenbeker "Separatistenbewegung" 1967